Natürliche Autorität - das Allheilmittel?

Veröffentlicht am 22. Jänner 2025 um 11:30

Gestern fragte mich eine Lehrerin: "Ist  das Konzept der natürlichen Autorität wirklich das Allheilmittel bei Unterrichtsstörungen?" Was ist deine Antwort?

First: Unterrichtsstörungen sind normal, du kannst sie nicht komplett verhindern. Es ist auch normal, dass Schüler*innen Grenzen testen. Dennoch können uns als Lehrer*innen Störungen während der Stunde richtig nerven und dich immer wieder in einen Konflikt bringen: Gehe ich darauf ein oder mache ich normal mit dem Unterricht weiter?

 

Unterrichtsstörungen können den gesamten Lernprozess behindern und das Klassenklima negativ beeinflussen. Oft fühlen sich Lehrer*innen in solchen Momenten machtlos. Es ist leicht, in die Falle zu tappen, den Unterricht mit immer strengeren Maßnahmen zu regeln. Doch diese Herangehensweise führt häufig zu mehr Widerstand und einer negativen Stimmung im Klassenraum. Mehr Widerstand bedeutet: Lehrer*innen haben oft das Gefühl, nichts mehr sagen zu können oder die Kontrolle zu verlieren.

 

"Nicht die Störungen sind schlimm - sondern das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren!" sagte vor ein paar Wochen auch eine Lehrerin in der 1:1 Supervision.

 

!Kontrolle behalten und sich handlungsfähig fühlen! - Da wird nun das Konzept der natürlichen Autorität interessant!

Die Natürliche Autorität ist ein Konzept, das auf der Idee basiert, dass Lehrer*innen durch authentisches Verhalten, Empathie und Respekt gegenüber ihren Schüler*innen zeigen und dadurch eine positive und respektvolle Beziehung aufbauen können.

Anstatt Macht geht es um Verständnis und Verbindung. Diese Form der Autorität entsteht aus der Art und Weise, wie Lehrer*innen mit Schüler*innen kommunizieren und interagieren.

 

Bei diesem Ansatz verabschiedest du dich von dem Gedanken, dass du bei Störungen in der Klasse schnell reagieren musst. Denn dieser Handlungsdruck ist die perfekte Bühne für Gewinner- und Verlierer Situationen: Gesichtsverlust für dich oder die Kinder.

 

Der Druck "Ich brauch jetzt sofort eine Lösung" bewirkt auch, dass du eben in vielen Situationen nicht so handelst, wie du gerne würdest. Nicht nach deinen Werten und Vorstellungen. -> Erzeugt dann im Nachhinein Frust und ein schlechtes Gewissen in dir.

Meine Antwort: Natürliche Autorität ist kein Allheilmittel

...aber sie bietet einen wertvollen Ansatz für dich, um mit Unterrichtsstörungen lockerer umzugehen. Du wirst durch die besonderen Leitgedanken Entlastung und Gelassenheit im Klassenzimmer spüren.

Heißt - deine Freude als Lehrer*in steigt. Außerdem schaffst du damit eine harmonische Beziehung zu deinen Schüler*innen. Du überlegst in Ruhe nach Lösungen, du kommunizierst klar und du setzt Grenzen, ohne zu bestrafen!

Du beziehst die Buben und Mädchen aktiv in den Lernprozess mit ein, überträgst auch Verantwortung, wenn ihr gemeinsam über Wiedergutmachungen nachdenkt.

 

Leitgedanken bei Störungen sind z.B.:

*"Ich lasse mich nicht hineinziehen. Ich bleibe bei mir!"

*"Ich muss nicht siegen. Es reicht beharrlich zu sein und meine Meinung zu sagen!"

*"Ich muss nicht sofort handeln. Es reicht, wenn ich später darauf eingehe!"

*"Wir überlegen uns Wiedergutmachungen statt Strafen!"

 

Hier findest du nun zwei Videoausschnitte aus meiner Toolbox: Verbindungsschatz und Leitkarten für das Klassenzimmer. Außerdem gibt es noch Bücherempfehlungen, dann kannst du noch weiterlesen - wenn dich das Thema interessiert.

Bücher

Burkhard, Günter (2024): Natürliche Autorität: Sicher und selbstbewusst. GS: Innere Stärke entwickeln -als Persönlichkeit überzeugen. Hamburg. Persen-Verlag

Jesper, Juul (2005): Aus Erziehung wird Beziehung. Authentische Eltern. Kompetente Kinder. Freiburg.Herder-Spektrum 

Lemper-Pychlau, Marion (2006): Erziehen mit natürlicher Autorität: Ohne Machtkämpfe und Druckmittel mit Kindern leben. Freiburg. Herder-Spektrum

Schiermeyer-Reichl, Ines (2024): Neue Autorität in der Grundschule. Innere Stärke entwickeln, beharrlich Haltung zeigen, zuverlässig Beziehungen gestalten. Hamburg. Persen-Verlag

Zerle, Karl (2018): Natürliche Autorität im Klassenzimmer: Körpersprache gezielt einsetzen - souverän mit Störungen umgehen. Hamburg. Aol Verlag

PS:

1) Reaktionen im Vorfeld planen = beste Lösung, um Störungen zu vermeiden oder anders gesagt: Versuche proaktiv zu handeln, statt nur zu reagieren im stressigen Moment!

Wie? z.B. Such das Gespräch im Vorfeld mit Schüler*innen, die besonders oft den Unterricht stören. Erstellt einen Plan - wie ihr vorgehen wollt, damit es für euch beide im Unterricht passt.

"Was brauchst du in dieser Klasse? Schreibe deine Wünsche auf, kommuniziere den Schüler*innen klar - wie du dir das im Unterricht vorstellst. Erstellt gemeinsam eine Wiedergutmachungsliste."

 

2) Reaktionen im Nachgang planen = Statt im Unterricht zu diskutieren, plane deine Reaktion im Nachgang!  Du kannst sagen: "Ich will diese Störung jetzt nicht. Ich entscheide mich dafür, dass ich heute nicht mit dir streite. Lass die Flasche stehen ich komme später darauf zurück" -> In einem passenden Zeitfenster (irgendwann während des Schultages) holst du das Kind zu einem Gespräch. Keine Warum Fragen- sondern nur deine Erinnerung, was dir wichtig ist im Unterricht. Gemeinsam überlegt ihr euch eine Wiedergutmachung für das Verhalten während der Stunde. Das Kind kann Vorschläge bringen - du entscheidest, ob es für dich so ausreichend ist.

 

 

Hast du eine konkrete Frage? Dann schreib mir gerne!

Bist du an der Toolbox: Verbindungsschatz interessiert?

Dann klick auf den Button!

Alles Liebe

Julia

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Es gibt noch keine Kommentare.